Monstervision
Der Eurovision Song Contest erhitzt die Gemüter, nachdem ausgerechnet die finnischen LORDI mit komfortablem Vorsprung den Sieg davontrugen. Für die einen öffneten sich die Tore zur Unterwelt, andere trauern um Texas Lightning, deren Mittelfeldplatz offenbar wieder mal zeigte, dass Deutschland einfach keiner mag. Insgesamt war das Spektakel aber durchaus interessant und äußerst vielseitig. Den musikalisch anspruchsvollsten Song hörte man ausgerechnet von einer – zugegebenermaßen etwas ungewöhnlichen – Boyband, Cosmos aus Litauen. Das komplett a-cappella vorgetragene Lied mit seinen harmonischen Rückungen, Rhytmuswechseln und dem tollen Satzgesang dürfte einfach etwas zu kompliziert für das „normale“ Publikum gewesen sein. Den absoluten Kontrast dazu boten Lt United, eine All-Star-Band lettischer Rocksänger, die sich per Songtitel bereits vorab als „Winners of Eurovision“ ankündigten, u.a. weil sie den Da Vinci Code des Contest geknackt hätten. Definitiv die witzigste und coolste Performance des Abends inklusive einer durchgeknallten Tanzeinlage während des Violinensolos. Der emotional anrührendste Song stammte aus Bosnien-Herzegowina, eine schön instrumentierte folkige Ballade die immer knapp vor der Kitschgrenze halt machte. Ebenso nett war Christine Guldbrandsen aus Norwegen, deren “Elfentanz” sehr an Loreena McKennitt erinnerte.
Abgerundet wurde das Ganze mit Gospel aus Israel, Rap aus England, einem tollen Sänger aus Rumänien, der leider eine ihn völlig unterfordernde Disconummer singen musste und den inzwischen altbekannten Folktanzeinlagen aus anderen östlichen Ländern. Dass ausgerechnet die Erfinder des Chanson eine nicht völlig professionell wirkende und singende französische Friseurin ins Rennen schickten, um den eigentlich ganz passablen Titel darzubieten, war bedauerlich, weniger, dass das Honigkuchenpferd aus Malta nur einen Punkt erhielt. LORDI waren zwar durchaus Überraschungssieger – sehr originell sind eigentlich weder Songs noch Image der Finnen – aber erhielten aus nahezu allen Ecken Punkte und lagen deswegen zu Recht vorn (und bestätigten natürlich, dass es mit dem Abendland rapide bergab geht). Zum Glück, da sonst womöglich noch der Teeniestar aus Russland gewonnen hätte, der seine Punkte pflichtgemäß von allen Ländern erhielt, die von Putins Öllieferungen abhängig sind.
Die üblichen Hinweise, dass sich bestimmte Länder immer gegenseitig die Punkte zuschieben, durften daher auch bei der anschließenden Diskussionsrunde nicht fehlen. Natürlich vor allem deswegen gingen die im Felde unbesiegten Deutschen zum wiederholten Male leer aus, besonders, weil uns nun auch beim Grand Prix die Italiener und Österreicher erneut feige im Stich ließen. Die Expertenriege aus echten Schwulen (Thomas Hermanns, Georg Ücker), so aussehenden (Thomas Anders) und der auf allen Gebieten, zu denen sie sich äußert – ungefähr deckungsgleich mit denen, wo sie nicht durch Ahnung behindert wird – , das Wort Penetranz neu definierenden Claudia Roth war sich auf jeden Fall darin einig, dass Jane von Texas Lightning ganz toll gesungen hatte. Es ist aber auch eine furchtbare Gemeinheit, dass sich Serben, Kroaten und Bosnier gegenseitig unterstützen als sich, wie es sich gehört, durch Hecken Headshots zu verpassen und gefälligst an uns Punkte abzuliefern. Auch die Polen sollten sich langsam am Riemen reißen, schließlich waren die Russen genauso selten nett zu ihnen, dafür gibt man keine Höchstpunktzahl und wundert sich dann, wenn man in Deutschland als Nation von Dieben verschrieen ist. Wenigstens für uns Männer hatte das Lob von Claudia Roth an die großartigen Frauen des Contest eine schöne Seite. Kürzeste Rücke, Atombusen und junggespritzte 50jährige sind nun der Inbegriff der Emanzipation und damit kann man ja nun durchaus leben.
Die abschließende Preisverleihung war auf jeden Fall an Komik kaum zu überbieten, als die doch etwas geschockte Moderatorin Küßchen mit den Herren in Monstermasken auszutauschen versuchte und der Sänger von LORDI in Jubelpose gleichzeitig die Streitaxt und einen Blumenstrauß in den griechischen Nachthimmel (ok, die Hallendecke, aber das klingt zu unpoetisch) reckte.
# - fettisch schrieb am 22. Mai 2006, 18:33:
Alles gelogen! Deutschland hat gewonnen!
Eurovision: Das Deutsche Horrorkabinett gewinnt den Song-Contest!
Regieren können sie nicht, singen auch nicht: Trotzdem hat das deutsche Horror-Kabinett gewonnen!
Bei Fettisch.de gibts alle Infos und Piks!
Eurovision: Deutschland gewinnt mit Horrorkabinett!
# - Claudi schrieb am 22. Mai 2006, 21:33:
“Ebenso nett war Christine Guldbrandsen aus Norwegen sehr an Loreena McKennitt erinnerte.”
Ich bitte dich! Nicht mal auch nur ansatzweise, lieber Mounty. ;o)
# - MountainKing schrieb am 22. Mai 2006, 23:21:
Danke, dass du mich auf den grammatikalisch fehlerhaften Satz hinweist, liebe Claudi. Inhaltlich stehe ich allerdings weiterhin zu ihm. :-)
# - Claudi schrieb am 23. Mai 2006, 16:45:
LOL
Na du wieder…