Bekehrung und Todesstrafe

Der prominente Anwalt Rolf Bossi hat im FOCUS die Einführung der Todesstrafe gefordert. Über die Verdienste des Mannes vermag ich nicht zu urteilen, es fällt allerdings auf, dass er in den letzten Jahren regelmäßig mit ziemlich emotionalen Ausbrüchen die Gerichte beschäftigt. Seine jeweils eigene Position ist immer die absolut richtige, von Selbstkritik geplagt ist der gute Mann augenscheinlich eher wenig und es macht nicht den Anschein, dass sein zunehmendes Alter (aktuell 84) hier positive Auswirkungen hat. Nun also die Forderung nach der Tötung von Mördern, die unter einem “sadistisch-perversen Tötungsimpuls” leiden und nicht therapierbar seien. Berücksichtigt man die im SPon-Artikel festgehaltene Äußerung, dass Bossi einmal das Bewusstsein dafür, dass manche Täter krank wären und dies für die Urteilsfindung wichtig sei, in die Gerichte getragen habe und er dadurch für mildere Strafen eben dieser “kranken” Täter, die er jetzt umbringen will, gesorgt hat, stellt sich die Frage, wie Bossi seine frühere Tätigkeit diesbezüglich einschätzt. Leider sind bisher jedoch nur Ausschnitte aus dem Interview online zu lesen, darunter auch die Begründung für Bossis offensichtlich neue Haltung: seine Bekehrung zum Christentum. Seine Argumentation verläuft anscheinend folgendermaßen: Gott als Schöpfer verpflichtet uns als seine Geschöpfe, das Beste aus unseren Leben zu machen und wenn man weiß, dass jemand dies nicht schafft/schaffen kann, kann man ihn auch gleich umbringen, weil er schließlich irgendwann sowieso stirbt und die Zeit bis dahin nur sinnlos vergeudet. Mag man sich schon fragen, wie “das Beste” allgemeingültig definiert werden kann, so scheint mir bei Bossi besonders bedenklich, dass er die Todesstrafe gar nicht erst darüber zu rechtfertigen sucht, dass sie abschreckende Wirkung haben könnte oder aber das zukünftige neue definitiv Taten ausgeschlossen werden, was beides bei auch langjährigen Haftstrafen zweifellos nicht automatisch der Fall ist. Nein, es geht hier augenscheinlich allein um das Auslöschen eines Lebens, das nicht mehr den Maßstäben, die Bossi als seine oder als göttliche (bei ihm wahrscheinlich identisch) ansieht, genügt. Man muss die furchtbaren Taten, um die es hier geht, nicht verharmlosen oder die Opfer vergessen, um hinter einer solchen Argumentation Denkstrukturen zu identifizieren, denen man nicht deutlich genug entgegentreten kann.

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